Auf dieser Seite habe ich einige Strophen aus dem Havamal der Edda zusammengestellt, die meiner Meinung nach auch heute noch aktuell sind. Übersetzt bedeutet Havamal soviel wie Des Hohen Lied oder Die Rede des Erhabenen, wobei Odin als Gott der Weisheit gemeint ist.
Wärme wünscht,
der vom Wege kommt
Mit erkaltetem Knie; Mit Kost und Kleidern erquicke den Wandrer, Der über Felsen fuhr. |
Nicht üblern
Begleiter gibt es auf Reisen
Als Betrunkenheit ist, Und nicht so gut als mancher glaubt Ist Äl den Erdensöhnen, Denn um so minder, je mehr man trinkt, Hat man seiner Sinne Macht. |
Trunken war ich
und übertrunken
In des schlauen Fialars Felsen. Trunk mag taugen, wenn man ungetrübt Sich den Sinn bewahrt. |
Schweigsam und
vorsichtig sei des Fürsten Sohn
Und kühn im Kampf. Heiter und wohlgemut erweise sich jeder Bis zum Todestag. |
Der Armselige,
Übelgesinnte
Hohnlacht über alles Und weiß doch selbst nicht, was er wissen sollte, Daß er nicht fehlerfrei ist. |
Unweiser Mann
durchwacht die Nächte
Und sorgt um alle Sachen; Matt nur ist er, wenn der Morgen kommt, Der Jammer währt, wie er war. |
Ein unkluger
Mann meint alles zu können,
Wenn er sich einmal zu wahren wußte. Doch wenig weiß er, was er antworten soll, Wenn er mit Schwerem versucht wird. |
Ein unkluger
Mann, der zu andern kommt,
Schweigt am besten still. Niemand bemerkt, daß er nichts versteht, So lang er zu sprechen scheut. Nur freilich weiß, wer wenig weiß, Auch das nicht, wann er schweigen soll. |
Der schwatzt
zuviel, der nimmer geschweigt
Eitel unnützer Worte. Die zappelnde Zunge, die kein Zaum verhält, Ergellt sich selten Gutes. |
Mach' nicht zum
Spott der Augen den Mann,
Der vertrauend Schutz will suchen. Klug dünkt sich leicht, der von keinem befragt wird Und mit heiler Haut daheim sitzt. |
Der milde mutige
Mann ist am glücklichsten,
Den selten Sorge beschleicht; Doch der Verzagte zittert vor allem, Den Geizigen reut stets das Geschenk. |
Der Dornbusch
dort, der im Dorfe steht,
Ihm bleibt nicht Blatt noch Borke. So geht es dem Mann, den niemand mag: Was soll er länger leben? |
Wie Körner
im Sand, klein an Verstand,
Ist kleiner Seelen Sinn. Ungleich ist der Menschen Einsicht; Zwei Hälften hat die Welt. |
Der Mann muß
mäßig weise sein,
Doch nicht allzu weise. Das schönste Leben ist dem beschieden, Der recht weiß, was er weiß. |
Der Mann muß
mäßig weise sein,
Doch nicht allzu weise. Des Weisen Herz erheitert sich selten, Wenn er zu weise wird. |
Früh aufstehen
soll, wer wenig Arbeiter hat,
Und schaun nach seinem Werke. Manches versäumt, wer den Morgen verschläft: Dem Raschen gehört der Reichtum halb. |
Rein und gesättigt
reit' zur Versammlung,
Um schönes Kleid unbekümmert. Der Schuh' und Hosen schäme sich niemand, Noch des Hengstes, hat er nicht guten. |
Zu sagen und
zu fragen verstehe jeder,
Der nicht dumm will dünken. Nur einem vertrau' er, nicht auch dem andern; Wissen 's dreie, so weiß es die Welt. |
Ganz unglücklich
ist niemand, ist er gleich nicht gesund:
Einer hat an Söhnen Segen, Einer an Freunden, einer an vielem Gut, Einer an trefflichem Tun. |
Leben ist besser,
auch Leben in Armut:
Der Lebende kommt noch zur Kuh. Feuer sah ich des Reichen Reichtümer fressen, Und der Tod stand vor der Tür. |
Der Hinkende
reite, der Handlose hüte,
Der Taube taugt noch zur Tapferkeit. Blind sein ist besser als verbrannt werden: Der Tote nützt zu nichts mehr. |
Das Vieh stirbt,
die Freunde sterben,
Endlich stirbt man selbst; Doch nimmer mag ihm der Nachruhm sterben, Welcher sich guten gewann. |
Das Vieh stirbt,
die Freunde sterben,
Endlich stirbt man selbst; Doch eines weiß ich, das immer bleibt: Das Urteil über den Toten. |
Mit Schimpf und
Hohn verspotte nicht
Den Fremden noch den Fahrenden. Selten weiß, der zu Hause sitzt, Wie edel ist, der einkehrt. |
Laster und Tugenden
liegen den Menschen
In der Brust beieinander. Kein Mensch ist so gut, daß nichts ihm mangle, Noch so böse, daß er zu nichts nützte. |
Haarlosen Redner
verhöhne nicht:
Oft ist gut, was der Greis spricht. Aus welker Haut kommt oft weiser Rat; Hängt ihm die Hülle gleich, Schrinden ihn auch Schrammen, Der unter Wichten wankt. |
Sie boten mir
nicht Brot noch Met;
Da neigt' ich mich nieder Auf Runen sinnend, lernte sie seufzend: Endlich fiel ich zur Erde. |
Zu gedeihen begann
ich und begann zu denken,
Wuchs und fühlte mich wohl. Wort aus dem Wort verlieh mir das Wort, Werk aus dem Werk verlieh mir das Werk. |
Besser nicht
gebetet, als zu viel geboten:
Die Gabe will stets Vergeltung. Besser nichts gesendet, als zu viel getilgt; So ritzt' es Thundr zur Richtschnur den Völkern. Dahin entwich er, von wannen er ausging. |