Aufbau,
Funktionsweise und Energieumwandlungsprozesse
einer Modellstrahlturbine
Der Umgang mit dem Triebwerk
© 1995/96/97 by Ingo Frank
Inhaltsverzeichnis
1. Aufbau und Funktionsweise einer Modellstrahlturbine
1. 1 Verdichterstufe
1. 2 Brennkammer
1. 2. 1 Form und Größe
1. 2. 2 Primär- und Sekundärzone
1. 2. 3 Gemischbildung
1. 3 Turbinenstufe
1. 4 Geschwindigkeitsplan der Turbinenstufe
2. Die Energieumwandlung in der Modellstrahlturbine
2. 1 Der Energiefluß in der Gasturbine
2. 2 Der offene Gasturbinenkreisprozeß
2. 3 Thermischer Wirkungsgrad
3. Der Umgang mit dem Triebwerk
3. 1 Zusammenbau und Wartung
3. 2 Inbetriebnahme
3. 3 Einbau in das Modellflugzeug
3. 4 Fliegen
Tabellen und Daten
In den dreißiger Jahren entwickelten der deutsche Physiker Hans Joachim Pabst von Ohain und der Royal-Air-Force-Pilot Frank Whittle voneinander unabhängig, die ersten Düsentriebwerke. Am 27. August 1939 flog der Testpilot Erich Warsitz in der Heinkel He 178 mit dem Triebwerk He S3 B (Abb. 1) den ersten Düsenflug der Welt. Nachdem Whittles Firma Power Jets Ltd. 1939 vom englischen Luftfahrtministerium den Auftrag erhielt, ein flugfähiges Düsentriebwerk zu entwickeln, folgte am 15. Mai 1941 der erste britische Strahlflug mit der Gloster E 28/39, angetrieben vom verbesserten Triebwerk W 1 (Abb. 2). Lange Zeit galt es als unmöglich, eine selbstlauffähige Strahlturbine im Modellbaumaßstab zu bauen. Die maßstabsgetreue Verkleinerung von großen Vorbildern erwies sich als ungeeignete Methode, ein funktionierendes Triebwerk zu erhalten. Im Gegensatz zu den modernen Mantelstrom- oder Turbofantriebwerken, bei denen das Prinzip der Gasturbine kaum noch zu erkennen ist, stützt sich der Aufbau einer Modellturbine auf dem Grundprinzip des offenen Gasturbinenprozesses. In der Vergangenheit gab es einige Versuchstriebwerke in Modellgröße, die jedoch nicht zufriedenstellend funktionierten. Der erste erfolgreiche Flug mit einem Modellstrahlturbinenflugzeug gelang dem Engländer Gerry Jackman am 20. März 1983. Seine Konstruktion war vermutlich die erste selbstlauffähige Modell-Strahlturbine (Abb. 3). 1985 schaffte es Michel Serrier eine Modellstrahlturbine zu konstruieren. Als Grundlage diente ihm dabei der Läufer eines Turboladers. Seine Konstruktion wurde weiter verbessert und schließlich ab 1991 von der französischen Firma JPX als erstes Modellstrahltriebwerk (Abb. 4 & Abb. 5) der Welt in Serie gefertigt. 1989 begann Dipl.-Ing. Kurt Schreckling mit Überlegungen, wie man am einfachsten, und vor allem mit Amateurmitteln, eine funktionierende Modellturbine bauen könnte. Mit vielen Prototypen, Messungen und Berechnungen ermittelte er die ideale Form der Laufräder, Leitsysteme und des Verbrennungssystems. Seine Bemühungen führten zum Triebwerk „Feuerdose" FD 3/64 (Abb. 6 & Abb. 7). Im Triebwerk versieht ein aus Sperrholz gefertigter Radialverdichter mit Deckscheibe seinen Dienst, dessen Form an die Laufräder in Staubsaugern erinnert, und wohl noch nie zuvor in Gasturbinen eingesetzt wurde. Die Veröffentlichung seines Bauplanes in Buchform ermöglichte es vielen Bastlern, eigene Turbinen nachzubauen, oder gab Anregungen zu modifizierten Konstruktionen. Weitere interessante Antriebe stammen von Thomas Kamps. Er benutzt einen Turbolader-Radialverdichter, der von einer Axialturbine angetrieben wird. Diese Bauweise erinnert an ältere Gasturbinen, wie die Turboméca Marboré II (Abb. 8), oder an Drohnenantriebe wie die Williams WR2 (Abb. 9).
1. Aufbau und Funktionsweise einer Modellstrahlturbine
Das Triebwerk TJ 66 (Abb. 10), auf das im folgenden näher eingegangen werden soll, stützt sich in seiner Konstruktion auf die Auslegung der Microturbine von Thomas Kamps. Die im folgenden genannten Daten beziehen sich jeweils auf die Arbeitsdrehzahl der Turbine (82000 1/min).
Als Verdichter (Abb. 11) dient ein Radialrad aus einem LKW-Turbolader. Es hat einen Durchmesser von 66 mm und zwölf rückwärts gekrümmte Laufschaufeln. Die Umgebungsluft strömt axial auf die Schaufeln zu und wird von diesen mit Hilfe der Fliehkraft radial nach außen gefördert, wobei der Druck und die Temperatur steigen. Die Luft verläßt den Rotor im Winkel von ca. 18° zu einer gedachten Tangente am Radumfang mit 259 m/s und tritt in das Leitsystem ein, an dessen vorwärts gekrümmten Schaufeln sie abgebremst wird. Diese Abnahme der kinetischen Energie des Gases bewirkt zusätzlich einen Druck- und Temperaturanstieg. "Die Strömungsgeschwindigkeit ist direkt hinter den Laufschaufeln noch sehr ungleichmäßig verteilt."1) Deshalb ist zwischen Rotor und Stator ein Freiraum als Beruhigungsstrecke vorgesehen. Der Reaktionsgrad r (r = YLauf / YStufe) der Verdichterstufe gibt den Anteil der Druckgewinnung im Rotor an. Bei r = 0,5 (gilt für Räder mit radial endenden Schaufeln) findet die Kompression zur einen Hälfte im Laufrad und zur anderen im Leitsystem statt. Im hier eingesetzten Laufrad spielt sich der größte Teil der Energieumwandlung bereits im Rotor ab.2) Darum liegt der Reaktionsgrad beim Einsatz der modernen Turbolader-Verdichterlaufräder mit rückwärts gekrümmten Schaufeln deutlich höher. Das Leitsystem im Modelltriebwerk bringt aufgrund seiner kleinen Abmessungen größere Verluste bei der Druckgewinnung. Weil aber der meiste Druck im Rotor gewonnen wird, haben die Strömungsverluste im Stator keinen so großen Einfluß mehr, weshalb der Wirkungsgrad dieser Verdichterstufe höher ist, als bei einem Laufrad mit radial endenden Schaufeln. Beim Austritt aus dem Diffusor hat die Luft einen Absolutdruck von 1,6 bar und eine Temperatur von 55 °C.
Die im Strahltriebwerk verwendete Ringbrennkammer hat die Aufgabe, die Enthalpie der Luft, durch Verbrennung eines Treibstoffes, zu erhöhen. Das erhitzte Gas kann dann bei der Expansion in der Turbinenstufe mehr Energie abgeben, als zur Verdichtung aufgewandt werden mußte. Ein Teil der verbleibenden Energie dient letztlich als Nutzenergie.
Im Vergleich zu großen Strahlturbinen sind die Brennkammern in Modelltriebwerken ziemlich voluminös. Ein großer Querschnitt sorgt für einen ausreichend großen Ausbrandwirkungsgrad, also für eine Verlangsamung der Strömung, was eine gute Gemischbildung und weitgehend vollständige Verbrennung des Treibstoffes bewirkt. Wegen der geringen Verweildauer des Gases in der Brennkammer, im Durchschnitt eine 500stel Sekunde, ist außerdem eine gewisse Länge notwendig, damit der komplette Verbrennungsprozeß und die Zufuhr von Sekundärluft ermöglicht wird. Eine zu kurze Brennkammer würde zu einer schlechten Verbrennung führen, bei der die Flammen bis zur Turbinenstufe vordringen können, was eine Überhitzung und einen sehr schlechten Gesamtwirkungsgrad verursachen würde.
1. 2. 2 Primär- und Sekundärzone
Die Brennkammer läßt sich in eine Primär- und Sekundärzone einteilen (Abb. 12). Bei der Verbrennung, die hauptsächlich in der Primärzone abläuft, treten Temperaturen in den Flammenkernen von bis zu 2000 °C auf. Durch die relativ niedrige Temperatur der komprimierten Luft, der daraus resultierenden Kühlwirkung des Kompressors und der Bildung eines Kühlfilms auf der Innenwandung der Brennkammer, der durch die geringe Eindringtiefe von Verdichterluft in die kleinen Kühlluftbohrungen entsteht, bereitet diese hohe Temperatur des Flammenkerns keine so großen Probleme wie in großen Triebwerken. Somit sind normale Chrom-Nickelstähle, wie V2A oder V4A, mit einer Blechstärke von 0,3 bis 0,5 mm ausreichend wärmebeständig. Zur stöchiometrischen Verbrennung des Kraftstoffes werden nur etwa 25% der vom Verdichter geförderten Luft als Primärluft benötigt, die restlichen 75% an Sekundärluft verbleiben unverbrannt in den Bereichen außerhalb der Brennkammer zur Kühlung derselben, des Gehäuses und der Rotor-Lagerung.3) In der Sekundärzone dringt die Kühlluft durch größere Bohrungen tief in den Brennraum ein, und senkt damit die Temperatur des zum Großteil verbrannten Gases auf ein erträgliches Maß für die Turbinenstufe. Die Frischgastemperatur beträgt vor dem Eintritt in das Turbinenleitsystem ca. 703 °C. Im Brennkammerbereich tritt ein Druckverlust von etwa 5% auf, der auf Verwirbelungen und den Strömungswiderstand beim Übergang des Gases in die Brennkammer zurückzuführen ist.4)
Die Kraftstofförderung übernimmt eine Zahnradpumpe oder ein Drucktanksystem. In beiden Fällen wird das Gemisch aus 85% Diesel und 15% Benzin mit einem Überdruck von ca. 3 bar in einen Verteilerring gepumpt. Von dort gelangt der Treibstoff über dünne Röhrchen in die am Stirnteil der Brennkammer angebrachten Hakenrohre (Abb. 13) aus V2A. Im Betrieb sind diese Wärmetauscher im glühenden Zustand, was zu einer fast vollständigen Verdampfung des Treibstoffes in den Rohren führt. Der Benzinanteil begünstigt mit seiner niedrigen Siedetemperatur diesen Vorgang. Aus den Austrittsöffnungen strömt der dampfförmige Kraftstoff mit hoher Geschwindigkeit in die Primärzone, vermischt sich mit der Primärluft und wird durch die Flammen und an den glühenden Wandungen entzündet.
Die Turbine hat einen Durchmesser von 65,3 mm und 23 Schaufeln.
Das Turbinenleitsystem ist aus V2A-Stahl und das Turbinenrad aus V4A-Stahl
gefertigt. Für eine Dauerdrehzahl von 80000 1/min ist dieser Werkstoff
gerade noch ausreichend widerstandsfähig gegen die enormen Fliehkraftbelastungen
(Fliehkraft auf eine einzelne Schaufel bei dieser Drehzahl: über 1360
N!) und Temperaturen (ca. 600 °C / Rotgluht). Zum Einsatz bei Drehzahlen
um die 100000 1/min muß auf hochwarmfeste Legierungen wie z. B. Nimonic
90 oder Nitronic 50 zurückgegriffen werden, da nur solche Materialien
den Belastungen längere Zeit standhalten. Die Festigkeit von Nimonic
90 ist z. B. bei Temperaturen um die 600 °C höher als bei Zimmertemperatur.
Im Turbinenstator werden der Druck und die Temperatur des Frischgases gesenkt
und in kinetische Energie umgewandelt. Die Schaufelkanäle im Leitsystem
wirken durch die Verengung des Strömungsquerschnittes wie kleine Düsen,
die das Gas in Drehrichtung der Turbine beschleunigen.5)
Das Funktionsprinzip entspricht hier dem Gegenteil des Verdichterstators,
in dem eine Zunahme des Druckes und der Temperatur stattfindet. Das beschleunigte
Gas verläßt das Leitsystem und trifft unter einem günstigen
Winkel mit hoher Geschwindigkeit auf die Laufschaufeln des Turbinenrades,
wobei sich das Gas wegen der konvergenten Schaufelkanäle weiter entspannt
und abkühlt.6) Der Antrieb des Rotors geht auf die
Reaktionskräfte bei der Umlenkung und Beschleunigung der Gase an den
Turbinenschaufeln entgegen der Drehrichtung zurück. Darum wird dieser
Turbinentyp auch als Reaktionsturbine oder Überdruckturbine (hoher
Druck beim Eintritt; niedriger Druck beim Austritt) bezeichnet. Der Reaktionsgrad
r der Turbinenstufe berechnet sich nach der Formel:
r = DhT-Lauf / DhT-Stufe |
In der Turbinenstufe wird das Enthalpiegefälle DhT-Stufe zu gleichen Teilen auf Stator und Rotor aufgeteilt, was zu einem Reaktionsgrad von r = 0,5 führt.7) Es entsteht eine Umfangskraft in Drehrichtung, die auf die Turbinenschaufeln wirkt und somit den Rotor in Bewegung versetzt. Über die Welle wird der Verdichter angetrieben, wofür bei der Modellstrahlturbine aufgrund des geringeren Wirkungsgrades ein Großteil der Energie aufgewendet werden muß. Die Gase strömen mit einem geringen Restdrall und mit hoher Geschwindigkeit aus der Turbine ins Freie. Der Druck der Abgase ist dabei gleich dem Umgebungsdruck, d. h. der vom Verdichter erzeugte Überdruck wurde komplett abgebaut. Die Abgasgeschwindigkeit beträgt ca. 205 m/s, die Temperatur 580 °C. Die Schubkraft entsteht durch den Rückstoß des ausströmenden Gasstrahles. Durch den Einsatz einer Schubdüse kann diese noch um 20% bis 30% gesteigert werden. Diese Verbesserung beruht auf der Querschnittsverengung der Düse, die das Abgas noch weiter beschleunigt, und vor allem auf der Strömungsberuhigung, wodurch Verwirbelungen des austretenden Gasstromes größtenteils verhindert werden.
1. 4 Geschwindigkeitsplan der Turbinenstufe
Zur Verdeutlichung der Funktionsweise der Turbinenstufe
soll an dieser Stelle der Geschwindigkeitsplan (Abb. 14) der Gase in der
Turbinenstufe herangezogen werden. In diesem werden die Schaufelkanäle
bei mittlerem Durchmesser als Abwicklung gezeichnet. Die Vektoren entsprechen
den jeweiligen Gasgeschwindigkeiten und Strömungsrichtungen. Für
die Umfangsgeschwindigkeit u muß bei den Berechnungen die mittlere
Umfangsgeschwindigkeit (u bei mittlerem Turbinendurchmesser) verwendet
werden. Bei der Behandlung des Geschwindigkeitsplanes muß die Umfangsgeschwindigkeit
konstant bleiben, d. h. die Drehzahl muß konstant bleiben. Das Frischgas
geht in axialer Strömungsrichtung von der Brennkammer in das Turbinenleitsystem
über. Nachdem das Gas im Stator beschleunigt wurde, verläßt
es mit der Absolutgeschwindigkeit c1
die Leitschaufeln im Schaufelendwinkel a1,
da sich die Strömung der Schaufelform anpaßt. Die Relativgeschwindigkeit
w1 am Laufradeintritt erhält
man durch die Vektorsubtraktion von c1
und der Umfangsgeschwindigkeit u des Turbinenrades. Da sich die Turbine
in Drehung befindet, trifft das Gas nicht mit c1
auf die Laufschaufeln, sondern mit der Relativgeschwindigkeit w1.
An den Turbinenschaufeln wird das Gas umgelenkt und entgegen der Drehrichtung
beschleunigt. Dabei wirkt die Reaktionskraft des Gases durch den Rückstoß
auf die Schaufeln und somit auf die Turbine. Die Umfangskraft Fu
ist gleich dem Produkt aus Massendurchsatz m' und der Geschwindigkeitsdifferenz
Dwu in Umfangsrichtung, die sich
aus w1 und w2
ergibt.8) Schließlich verläßt das Gas
mit der relativen Geschwindigkeit w2
die Turbine im Schaufelendwinkel ß2.
Der Vektor c2 zeigt die Austrittsgeschwindigkeit
und Richtung des Abgases aus der Turbine. In der Abbildung kann man an
c2 den Restdrall des Gases erkennen,
der auch bei optimaler Bauweise von Stator und Rotor nicht vermieden werden
kann.9) Zur Berechnung des Schubes benötigt man
aber die Geschwindigkeit cm,
die sog. Meridiankomponente in Axialrichtung von c2,
also der Anteil des Austrittsvektors c2,
der die Turbine praktisch ohne Drall gerade verläßt. Der Schub
ohne Abgasdüse berechnet sich nach der Formel:
F = cm * m' |
Eine Erhöhung der Austrittsgeschwindigkeit bewirkt also eine Schubsteigerung. Beim Einsatz einer Turbine mit einem größeren Schaufelendwinkel ß2 verläuft w2 flacher und durch Vektoraddition mit u entsteht ein längerer Vektor c2. Diese Erhöhung der kinetischen Energie des Abgasstrahles beansprucht jedoch vermehrt Energie durch Verbrennung, wodurch die Betriebstemperaturen steigen. Deshalb kann ß2 nicht beliebig vergrößert werden.10) Eine Verkleinerung hingegen bewirkt eine Abnahme von c2 und somit des Schubes, allerdings steigt Dwu wegen der größeren Differenz zwischen w1 und w2. Folglich wächst die Umfangskraft, damit das Drehmoment und die Wellenleistung, was bei richtiger Auslegung den Antrieb eines Propellers über ein Getriebe ermöglicht (Turboprop-FD-Prototyp von Hans Dobmeier).
2. Die Energieumwandlung in der Modellstrahlturbine
Die Gasturbine arbeitetet nach dem selben Prinzip wie jede Wärmekraftmaschine: Luft wird angesaugt und komprimiert. Anschließend wird der Luft durch die Verbrennung eines Treibstoffes Energie zugeführt. Dann wird die zugeführte Energie bei der Expansion in mechanische Arbeit umgewandelt. Im Gegensatz zu Kolbenmaschinen, bei denen die Zustandsänderungen periodisch erfolgen, finden diese Prozesse in der Gasturbine kontinuierlich statt. Erwähnenswert ist auch die Tatsache, daß die Gasturbine die Wärmekraftmaschine mit den größten Arbeitsmitteltemperaturen ist.
2. 1 Der Energiefluß in der Gasturbine
Das komprimierte Kraftstoff-Luft-Gemisch wird in der Brennkammer verbrannt und das nun energiereichere Gas gelangt in die Arbeitsturbine. Die zur Verfügung stehende Wärmeenergie ist die Summe aus Exergie und Anergie. Aus dem Exergieanteil der einströmenden Gase wird ein Teil in mechanische Energie umgewandelt, die zum Antrieb des Verdichters verwendet wird. Als Exergieverlust wird der Anteil der Exergie bezeichnet, der nicht in mechanische Arbeit umgewandelt wurde, und in Form von Reibungswärme, Wärmestrahlung und Spaltverlusten zwischen Turbinenschaufeln und Gehäuse an die Umgebung verloren geht. Der Anergieanteil kann ebenfalls nicht in Nutzarbeit umgewandelt werden und verläßt das Triebwerk zusammen mit den Exergieverlusten als Abwärme im Abgasstrahl. Ein kleiner Anteil der abgeführten Wärme, die Strahlleistung, erzeugt schließlich die Schubkraft.11)
2. 2 Der offene Gasturbinenkreisprozeß
Der einfache rechtsläufige offene Gasturbinenkreisprozeß (Joule-Prozeß) stellt in den verschiedenen Diagrammen den Zusammenhang zwischen den thermodynamischen Größen des Gases beim kontinuierlichen Durchlaufen einer Gasturbine graphisch dar (Abb. 16, 17 & 18). Die folgenden Berechnungsmethoden sind teilweise stark vereinfacht, reichen aber aus, um annehmbare Werte für Modelltriebwerke zu erlangen. Genaue und aufwendige Berechnungen und Messungen von Kurt Schreckling und Thomas Kamps bestätigen dies. Beim Testlauf wurden die Umgebungstemperatur T1, die Abgastemperatur T4 und der Schub F ohne Schubdüse und mit Schubdüse (FSD) gemessen.
1 - 2: Adiabatische Kompression in der Verdichterstufe
mit dem Wirkungsgrad µ1,2:
Im Verdichter wird die Umgebungsluft mit dem Druck
p1=1,00 bar auf p2=1,6
bar verdichtet. Dabei steigt die Temperatur von T1=273
K (0 °C) auf T2=328 K (55
°C). Aus der Division des Enddruckes p2
durch den Ansaugdruck p1 ergibt
sich das Druckverhältnis ð = 1,6. In der Praxis treten Verluste
in Form von Strömungs- und Reibungsverlusten auf, wodurch der Luft
Wärme zugeführt wird, was zu einer leichten Erhöhung der
Entropie führt. Die Verdichtung verläuft daher nicht ideal adiabatisch,
sondern polytropisch. 12) Durch die an der Luft geleistete
Kompressionsarbeit erfolgt eine Zunahme der Enthalpie Dh1,2.
Sie errechnet sich nach Kamps mit folgender Formel:
Dh1,2 = T1 * cp (ð0,286 -1) = 273 K * 1010 J/kg/K * (1,60,286 -1) = 39670 J/kg |
Die Leistungsaufnahme des Verdichters, die von der Arbeitsturbine
aufgebracht werden muß, berechnet sich folgendermaßen:
PV = (m' * Dh1,2) / µ1,2 = (0,122 kg/s * 39670 J/kg) / 0,72 = 6722 J/s = 6722 W |
Nach Kamps bewegt sich µ1,2
zwischen 0,65 und 0,78. Als Durchschnittswert erhält man µ1,2
= 0,72. Je geringer der Verdichterwirkungsgrad µ1,2
ist, desto mehr Energie wird nutzlos in Wärme umgewandelt und desto
größer wird die Temperaturerhöhung DT1,2
im Verdichter.13)
DT1,2 = Dh1,2 / (cp * µ1,2) = (T1 / µ1,2) * (ð0,286 -1) = (273 K / 0,72) * (1,60,286 -1) = 55 K => T2= 328 K |
Das Volumen der Luft nimmt bei der Kompression ab, die
Gasdichte nimmt also zu:
¶2 = p2/T2/RL = 160000 Pa / 328 K / 287 J/kg/K = 1,70 kg/m3 |
2 - 3: Isobare Wärmezufuhr qzu
durch innere Verbrennung:
In der Brennkammer wird dem kontinuierlich durchströmendem
Gas die Wärme qzu durch
Verbrennung eines Diesel-Benzin-Gemisches zugeführt. Wegen der schnellen
Strömung der Gasmasse erfolgt keine Druckerhöhung. Es handelt
sich also um eine Gleichdruckverbrennung. Wie bereits erwähnt, treten
in der Praxis Druckverluste von etwa 5% auf, die aber vernachlässigt
werden können. Die spezifische Wärme qzu
entspricht im s-T-Diagramm der Fläche a-1-2-3-4-b. Nach Dietzel gilt
für die beiden Adiabaten folgender Zusammenhang:
T2/T1 = T3/T4 = ð0,286 => T3 = ð0,286 * T4 = 1,60,286 * 853 K = 976 K |
qzu = cpm * (T3 - T2) = 1004 J/kg/K * (976 K - 328 K) = 650592 J/kg |
Als gesamte Wärmeleistung ergibt sich nach Schreckling
vereinfacht:
P = cp * m' * (T4 - T1) = 1010 J/kg/k * 0,122 kg/s * (853 K - 273 K) = 71468 W |
Der berechnete Kraftstoffverbrauch ist wegen der unberücksichtigten
Verluste niedriger als der gemessene Kraftstoffvolumenstrom (ca. 150 ml/min).
mb' = P / h0u = 71468 J/s / 43000 J/g = 1,662 g/s; vb' = mb' / rb = 1,955 ml/s => 117,31 ml/min |
Wie man im v-p-Diagramm zu erkennen ist, nimmt das Volumen
bei der Verbrennung zu, wodurch die Dichte des Rauchgases abnimmt.
¶3 = p3/T3/RL = 160000 Pa / 976 K / 287 J/kg/K = 0,57 kg/m3 |
3 - 4: Adiabatische Expansion in der Turbinenstufe mit
dem Wirkungsgrad µ3,4:
In der Turbinenstufe wird das Enthalpiegefälle
Dh3,4 wegen der Druckdifferenz
zwischen Gehäuseinnendruck und Außendruck abgebaut und in mechanische
Arbeit am Turbinenrad und kinetische Energie im Abgasstrahl umgesetzt.
Im Idealfall sollte die Turbine nur soviel Energie verbrauchen, wie zum
Antrieb des Verdichters benötigt wird.14) Eine
möglichst große Restenergie verbleibt dann zur Schuberzeugung.
Beim wirklichen Prozeß handelt es sich um eine polytropische Expansion,
da aufgrund von Wärmeabstrahlung, Strömungs- und Spaltverlusten
ein Energieaustausch mit der Umgebung stattfindet.15)
Dh3,4 = T3 * cp (1 - ð0,286) = 976 K * 1010 J/kg/K * (1 - 1,60,286) = -141826 J/kg |
Da der Reaktionsgrad der verwendeten Turbinenstufe 0,5
beträgt, wird je die Hälfte vom verfügbaren Enthalpiegefälle
Dh3,4 im Stator bzw. Rotor in
kinetische Energie umgewandelt. Im Stator sowie im Rotor erfolgt also eine
Temperaturabnahme von jeweils 61,5 K. Die relative Ausströmgeschwindigkeit
w2 errechnet sich nach Kamps
wie folgt. Der Faktor 0,95 berücksichtigt die Strömungsverluste
von 5% in den Schaufelkanälen.
w2 = 0,95 * SQR(|Dh3,4|) = 0,95 * SQR(141826 J/kg) = 358 m/s |
Durch die Expansion in der Turbinenstufe wurde das spezifische
Volumen des Gases vergrößert und damit die Dichte des austretenden
Abgases verringert:
¶4 = p4/T4/RL = 100000 Pa / 853 K / 287 J/kg/K = 0,41 kg/m3 |
4 - 1: Isobare Wärmeabfuhr qab
durch Ausströmen in die Atmosphäre:
Der Abgasstrahl hat in der Realität nach
dem Verlassen der Turbine noch einen geringen Restdruck, der durch Expansion
in der Atmosphäre abgebaut wird. In der Praxis findet also eine nahezu
isobare Abkühlung mit p4
> p1 statt. Beim Einsatz einer
Schubdüse wird das Restenthalpiegefälle in zusätzliche kinetische
Energie des Abgasstrahles umgewandelt. Die Abgastemperatur beträgt
T4 = 853 K. Nach der Wärmeabfuhr
an die Luft hat es die Umgebungstemperatur T1
= 273 K angenommen. Der Kreisprozeß hat sich geschlossen. Das Volumen
und somit die Dichte ist damit nach der Abkühlung wieder gleich der
Luftdichte. Die Fläche 4-b-a-1 im s-T-Diagramm entspricht der abgeführten
spezifischen Wärme qab:
qab = cpm * (T4 - T3) = 1004 J/kg/K * (853 K - 976 K) = -123492 J/kg |
Die an die Umgebung abgegebene spezifische Wärme
qab ist viel kleiner als die zugeführte Wärme qzu, weil ein Großteil
davon als mechanische Arbeit (Fläche 1-2-3-4 im v-p- oder s-T-Diagramm)
an das Verdichterlaufrad abgegeben wurde.
wmech = qzu - |qab| = 650592 J/kg - 123492 J/kg = 527100 J/kg |
Mit der bereits ermittelten relativen Ausströmgeschwindigkeit
w2 kann jetzt die Meridiangeschwindigkeit
cm des Abgasstrahles berechnet werden:
cm = sinß2 * w2 = sin35° * 358 m/s = 205 m/s (738 km/h) |
Die ohne Abgasdüse gemessene Schubkraft beträgt
F = 25 N. Mit Düse wurden 31 N gemessen, was eine Schubsteigerung
um 24% bedeutet. Durch Umstellen der Formel für den Schub erhält
man den Massendurchsatz. "Man macht sich zunutze, daß der Durchsatz
im Modellstrahltriebwerk an jeder Stelle praktisch gleich groß ist.
Die Masse des zugeführten Kraftstoffes kann man vernachlässigen,
da sie nur etwa 1,7 % des Luftdurchsatzes entspricht."16)
F = cm * m' => m' = F / cm = 25 N / 205 m/s = 0,122 kg/s |
In zehn Sekunden wird also mehr als ein Kilogramm Luft
"durchgesetzt". Für die im Abgasstrahl steckende Strahlleistung
erhält man:
PStrahl = 0,5 * m' * cm2 = 0,5 * 0,122 kg/s * (205 m/s)2 = 2564 J/s = 2564 W |
Im Turboluftstrahltriebwerk stellt PStrahl die eigentliche Nutzleistung dar, die letztlich zur Schuberzeugung dient. Anders wäre dies bei einem Wellenleistungstriebwerk, bei dem es gilt, möglichst viel mechanische Arbeit und somit wenig Strahlenergie zu erzielen. Dazu wird bei der Wellenleistungsturbine eine Expansionsdüse angebracht, die den Abgasstrahl verlangsamt, somit steckt weniger Energie im Abgasstrahl. Dadurch verbleibt ein größerer Energieanteil zum Antrieb eines Getriebes oder einer Freilaufturbine im Ansaug- oder Abgaskanal. Kurt Schreckling war der erste Turbinenexperte, der auf die Idee kam, eine Freilaufturbine mit vorangesetztem Leitsystem in den Ansaugkanal eines FD-Strahltriebwerkes zu installieren. Durch die Sogwirkung des Kompressors wird die Freilaufturbine durch die angesaugten Luftmassen in Drehung versetzt und treibt über ein Getriebe einen Hubschrauberrotor an.
Der thermische Wirkungsgrad des Joule-Kreisprozesses ist
von der Ansaugtemperatur T1 und
der Temperatur T2 der verdichteten
Luft abhängig, also auch vom Druckverhältnis ð. Indirekt
hängt µth aber auch
von T3 und T4
ab, da diese Größen die Eigenschaften und die Arbeitsabgabe
an den Verdichter mitbestimmen.
µth = 1 - T1/T2 = 1 - (ð0,286) -1 = 1 - (1,60,286) -1 = 0,13 => 13 % |
Bei höherer Drehzahl ist ð bzw. T2 größer, wodurch µth steigt. Grundsätzlich kann man sagen, daß sich alle Wirkungsgrade im Triebwerk bei steigender Drehzahl verbessern. Insbesondere wegen der Tatsache, daß sich die Reynoldszahlen bei höherer Strömungsgeschwindigkeit vergrößern, wodurch die Wirkungsgrade in der Verdichter- und Turbinenstufe steigen. Bekanntlich liegt bei höheren Reynoldszahlen bzw. höheren Geschwindigkeiten die Strömung besser an den Leit-, Turbinen und Verdichterschaufeln an, was dazu führt, daß die Strömgsrichtung der Gase nur gering von den idealen, berechneten Winkeln abweicht. Der thermische Wirkungsgrad in Großtriebwerken liegt zwischen 27 und 35 %. Die Ursache für den geringen Wert bei Modellstrahlturbinen liegt vor allem an der schlechten Ausnutzung des Kraftstoffes. Der Ausbrandwirkungsgrad beträgt ungefähr 90 %. 10 % verlassen also ungenutzt das Triebwerk. Bei großen Maschinen nähert er sich an 100 % an, denn erst bei den dort herrschenden hohen Drucken und Temperaturen kommt die Heizleistung des Treibstoffes richtig zur Geltung.
3. Der Umgang mit dem Triebwerk
Beim Umgang mit dem Strahltriebwerk sind einige Regeln zu befolgen, um die Sicherheit und richtige Funktionstüchtigkeit zu gewährleisten. Bevor man das Triebwerk in ein Flugzeug einbaut, muß man sich unbedingt zuerst auf dem Prüfstand mit der Maschine vertraut machen. Obwohl Modellstahlturbinen heute zuverlässig funktionieren sind sie trotztdem noch kein Alltagsantrieb wie die weit verbreiteten, einfach zu nutzenden Kolbenmotoren. Auf keinen Fall ist die Modellstrahlturbine für Modellfluganfänger gedacht, da man bei den ersten Turbinen-Flügen dazu in der Lage sein muß, mehr auf das neuartige Triebwerk zu achten, als auf das Steuern des Flugzeuges!
Beim Zusammenbau ist lediglich darauf zu achten, daß alle Bauteile, insbesondere die Laufräder, nach den Markierungen eingebaut werden. Die Befestigungsmuttern beim Verdichter- und Turbinenlaufrad müssen fest angezogen werden, um eine Lockerung auszuschließen. Zwischen Verdichterrad und Verdichtergehäuse sollte sich an jeder Stelle ein Abstand von etwa 0,3 mm einstellen. Das gleiche gilt für den Abstand zwischen Turbinenschaufeln und Turbinengehäuse. Zum Schluß des Zusammenbaues muß noch der Übergang vom Gehäuse auf das Verdichtergehäuse mit Silikon oder besser mit einem stabilen Klebeband luftdicht abgedichtet werden. Erstaunlicherweise erfordert die Strahlturbine selbst sehr wenig Wartungsaufwand. Allerdings kann die Instandsetzung und Einstellung der Treibstoffversorgungsanlage dafür um so zeitraubender sein. Wichtig beim Betrieb des Triebwerks ist das rechtzeitige Nachfüllen des Schmieröls und die gelegentliche Kontrolle der Funktionstüchtigkeit der Ölschmierung, indem man das Triebwerk öffnet und nachsieht, ob die Lager mit Öl benäßt sind. Aus Sicherheitsgründen sind die Kugellager nach etwa 20 Flugeinsätzen zu wechseln. Bevor man die neuen Lager einbaut, müssen die Schutzringe abgenommen und das Lagerfett entfernt werden! Nur so wird die Ölnebelschmierung im Wellentunnel der Strahlturbine wirksam. Nach einem längeren Einsatz des Triebwerks wäre es außerdem angebracht, das Turbinenrad und vor allem die Turbinenschaufeln auf Risse, Schleifspuren usw. zu untersuchen. Das Verdichterrad wird wohl keiner solchen Untersuchungen bedürfen, da die Festigkeit und Lebensdauer dieses industriell gefertigten Produktes viel höher ist. Nach vielen Nutzungen des Triebwerks mit flüssigen Treibstoffen, besonders mit Dieselzusatz, kann es zu einer Verschmutzung der Hakenrohre, Treibstoffleitungen und der Brennkammer mit Rußablagerungen kommen. Diese sind von Zeit zu Zeit zu entfernen, da sonst die Verbrennungsqualität darunter leidet.
Zum Anlassen des Triebwerkes wird ein Startergebläse, Elektroanlasser oder Kompressor benötigt, um den Läufer in Drehung zu versetzen. Je stärker dabei der Luftstrom ist, desto einfacher läßt sich das Triebwerk hochfahren. Zum Starten der Verbrennung wird Propangas aus einer kleinen Gasflasche benutzt. Durch die Verbrennung des Propans wird die Brennkammer vorgeheizt, bis schließlich das Kerosin oder Diesel-Benzin-Gemisch eingeleitet wird und die Strahlturbine auf Leerlaufdrehzahl (ca. 35000 1/min) gebracht wird. Unbedingt notwendig ist ein Druckmanometer mit einem Meßbereich von 0 bis etwa 1,5 bar. An diesem Instrument wird der Innendruck des Triebwerkes, also der vom Verdichter aufgebaute Druck, abgelesen. Der Druckmesser dient außerdem als Kontrolle der Turbinendrehzahl, da jeder Innendruck einer bestimmten Drehzahl entspricht (Tab. 2). Der Überdruck im Triebwerk wird auch dazu verwendet, das Schmieröl (Nähmaschinenöl ist gut geeignet) zu den Kugellagern zu fördern. Die Spritversorgung geschieht bevorzugt über ein Drucktanksystem (Abb. 19). Dieses besteht aus drei Drucktanks. In einem befindet sich Druckluft unter 10 bar, im anderen das Kerosin. Die Tanks sind durch Schläuche und einen Druckminderer verbunden, wodurch das Kerosin dem voreingestelltem Druck von ca. 2 bis max. 3 bar ausgesetzt ist, und dadurch ins Triebwerk gepumpt wird. Durch eine zwischen Kraftstoffregler und Triebwerk geschaltete Drossel wird dabei die Treibstoffmengenzufuhr begrenzt. Beim Betrieb des Triebwerkes mit einem Drucktanksystem muß darauf geachtet werden, daß die Turbine abgestellt wird, bevor der Treibstoff nicht mehr ausreicht, um den kleinen Druckbehälter zu füllen. Ansonsten würde sich aus dem geringen Resttreibstoff und der Druckluft ein gefährliches Gemisch bilden, das die Strahlturbine auf viel zu hohe Drehzahlen bringen kann. Bei einem Drucktanksystem darf also das Triebwerk nie so lange betrieben werden, bis der Brennstoff komplett verbraucht ist! Zum Testbetrieb wird das Triebwerk auf einem kleinen Wagen befestigt. Zur Schubmessung wird eine Waage davor gestellt. Der Wagen sollte zur Sicherheit hinten beschwert oder befestigt werden, damit er sich bei hohen Schubleistungen nicht aufbäumen kann. Zum sicheren Betrieb ist unbedingt ein Sekundenthermometer erforderlich, um die Abgastemperatur kontrollieren zu können. Bevor man das Triebwerk startet, sollte mit einer Spritze etwa 2 ml Öl in die Schmierölleitung gepreßt werden, da die Strahlturbine während des Anlaßvorgangs aufgrund des niedrigen Verdichterdruckes relativ lange ziemlich geringe Ölmengen in den Lagertunnel fördert. Nachdem alles bereit ist, wird der Läufer kurz angeblasen, damit er langsam rotiert. Anschließend wird Gas zugeführt und mit einem Feuerzug oder Piezo-Zünder außerhalb des Triebwerks entflammt. Die Flamme brennt nun hinter dem Triebwerk und wird kurz darauf mit einem typischen "Pluff"-Geräusch in die Brennkammer gelangen und dort weiterbrennen. Sollte die Außenflamme nicht gleich zurückschlagen, wäre es möglich, die Ansaugöffnung kurz zuzuhalten, um das Zurückschlagen der Flamme zu ermöglichen. Sofort nachdem die Flamme im Strahltriebwerk verschwunden ist, bläst man wieder Luft in die Ansaugöffnung. Gleichzeitig gibt man langsam(!) immer mehr Gas, wobei die Drehzahl steigt. Ab etwa 0,01 bar kann mit der Kerosinzufuhr begonnen werden. Kurz darauf wird die Drehzahl stark ansteigen, was bedeutet, daß jetzt des Propan langsam zugedreht werden kann. Läuft das Triebwerk mit Standgas, was in etwa 0,1 bar Verdichterdruck entspricht, so dreht man den Gashahn ganz zu und zieht den Hilfsgasschlauch vom Anschluß am Triebwerk ab. Sollte das Triebwerk mit Kerosinversorgung nicht richtig laufen, was sich an Flammenbildung hinter dem Triebwerk bemerkbar machen kann, wird das Triebwerk abgestellt und danach die Treibstoffversorgung überprüft. Die Ursache dafür kann ein verschmutzter Treibstoff-Filter sein. Es könnte auch sein, daß die geförderte Treibstoffmenge nicht mit den nötigen 180 ml/min übereinstimmt. Um dies exakt festzustellen, wird das Triebwerk zerlegt und der Einspritzring vom Stirnteil der Brennkammer abgenommen und in einen Meßbecher gestellt. Danach stellt man die geförderte Kraftstoffmenge fest, indem man eine Minute lang Vollgas gibt. Sind danach keine 180 ml im Becher, liegt wahrscheinlich eine Verstopfung durch Verunreinigungen vor, die mit einem Kompressor beseitigt werden, indem man den Einspritzring durchbläst. Zur schnellen Überprüfung reicht es natürlich aus, nur den Kraftstoffschlauch von Triebwerk abzuziehen, und von dort aus die Spritmenge zu messen. Beim Betrieb des Strahltriebwerks ist unbedingt zu beachten, daß die Drehzahl niemals unter die Selbsthaltedrehzahl fällt, da das Triebwerk sonst nicht mehr ohne Hilfe, z. B. durch Druckluft, beschleunigt werden kann und bei gesteigerter Kraftstoffzufuhr stark überhitzt. Die exakte Leerlaufdrehzahl-Einstellung ist also sehr wichtig! Weiterhin darf die Höchstdrehzahl von 80.000 1/min nicht überschritten werden. Gibt man bereits Vollgas und steigert man die Kraftstoffzufuhr nur ein wenig, so erhöht sich die Drehzahl sofort in gefährlich hohe Bereiche über 80.000 1/min, denen die Lagerung und das Turbinenrad nicht lange standhalten können. Vor der Inbetriebnahme wird deshalb die Spritversorgung so eingestellt, daß pro Minute etwa 180 ml Treibstoff unter einem Druck von 2 bis 3 bar gefördert werden. Dazu verwendet man am besten eine Stoppuhr und einen Meßbecher zur Bestimmung der Kraftstoffmenge, wie weiter oben bereits erwähnt. Bei ungezügelter Brennstoffzufuhr würde das Triebwerk theoretisch in unendlich große Drehzahlbereiche beschleunigen, wenn nicht vorher die Laufräder bersten würden! Aus Sicherheitsgründen darf sich niemand hinter dem Triebwerk oder in der Drehebene der Turbine aufhalten. In abgebrochenen Turbinenschaufeln steckt die Energie von Granatsplittern! Hinter dem Triebwerk können die Kugeln aus zerstörten Kugellagern zur Gefahr werden! Der Prüfstand muß auch unbedingt frei von Schrauben, Steinchen, Sand usw. sein, weil solche Kleinteile mit Leichtigkeit vom Triebwerk angesaugt werden und das Verdichterlaufrad beschädigen. Sehr wichtig ist auch die Beachtung der Abgastemperaturen. Beim Anlassen kann sie kurzzeitig höhere Werte bis etwa 800 °C annehmen. Beim Lauf des Triebwerkes sollte sie jedoch 650 °C nicht überschreiten. Temperaturen um 600 °C führen zur leichten Rotgluht des Leitsystems und der Turbine, was man in der Dämmerung oder im Schatten leicht beobachten kann. Läuft das Triebwerk normal, gibt es ein Pfeiffgeräusch vermischt mit einem Abgasrauschen von sich. Je höher die Drehzahl, desto überwiegender hört man das Pfeifgeräusch, das von den Schwingungen des Läufers stammt. Bei irgendwelchen ungewohnten Störungen wie Vibrationen, tiefen Brumm- oder Streifgeräuschen, Hot Spots (Stichflammen hinter der Turbine), starkem Glühen des Leitsystems oder Turbinenrades ist in jedem Fall das Strahltriebwerk sofort abzustellen. Meist sind die Auslöser dieser Fehlfunktionen kleine Unachtsamkeiten, wie die vergessene Abdichtung des Gehäuses oder ein nicht genau zentriertes Turbinenrad. Schleifspuren sieht man bei der Fehlersuche gut an den Turbinenschaufeln oder dem Turbinengehäusering.
3. 3 Einbau in das Modellflugzeug
Für die erstem Strahlflüge erweist sich ein normaler Hochdecker als sinnvoll, auf dessen Tragfläche das Triebwerk montiert wird. Dort ist es immer beobachtbar und leicht zu starten. Auf jeden Fall sollte im Flugzeug mindestens ein Liter Treibstoff mitgeführt werden, um eine Flugzeit von 5 bis 8 Minuten zu erreichen. Wird das Triebwerk im Rumpf eingebaut, muß unbedingt ein Abgasinjektor verwendet werden, damit das Flugzeug gegen die Hitzeentwicklung geschützt ist. Vor allem dürfen keine Bowdenzüge oder Kabel von Flammen erreicht werden können. Das Triebwerk benötigt keinen Ansaugkanal, darf also direkt aus dem Rumpf ansaugen. Die Ansaugöffnungen bedürfen dabei keinen besonderen Ansprüchen, sollten aber einen Öffnungsquerschnitt von zusammengerechnet mindestens 6000 mm² ergeben. Aerodynamisch günstig ist es auch, die Einlässe mit abgerundeten (parabolischen) Formen zu profilieren. Es muß auch sichergestellt werden, daß keine losen Teile im Rumpf oder durchhängende Kabel angesaugt werden. Als „Notaus" nach einem eventuellen Absturz, wonach die Steuerung zum Abstellen des Triebwerks nicht mehr reagiert, die Turbine aber immer noch läuft, wäre ein leicht zugänglicher Kraftstoffhahn ratsam.
Der Flug eines strahlgetriebenen Flugmodells (Abb. 20 & Abb. 21) erfordert einiges an Umgewöhnung. Zum einen beschleunigt das Modell auf der Startbahn nur langsam bis es schließlich abhebt, dann aber höhere Endgeschwindigkeiten erreicht als mit Propellerantrieb. Zum anderen muß das Flugzeug mit laufender Turbine mit höherer Geschwindigkeit gelandet werden, da die Bremmswirkung des langsam rotierenden Propellers fehlt. Es ist daher eine Lösung, daß Triebwerk kurz vor der Landung abzustellen und ohne Schub aufzusetzen. Unbedingt muß man sich vor dem ersten Turbinenflug Gedanken über die schlechtere Wirkung von Ruderausschlägen, aufgrund des fehlenden Luftstromes vom Propeller machen. Deshalb sollten für den Erstflug die Ausschläge ausreichend groß bemessen werden. Vor allem beim Landeanflug muß man Bedenken, daß im Falle eines notwendig werdenden Durchstartens, das Strahltriebwerk aufgrund der Trägheit des Läufers nicht so schnell hochgefahren werden kann wie ein Kolbenmotor. Zur Schonung des Triebwerkes vor Überhitzungen sollte man schnelles Gasgeben ohnehin vermeiden.
1) Kamps, Thomas: Modellstrahltriebwerke.
S. 54.
2) Vgl. Kamps, Thomas: Modellstrahltriebwerke. S. 45.
3) Vgl. Götsch, Ernst: Einführung in die Luftfahrzeugtechnik.
S. 178.
4) Vgl. Schreckling, Kurt: Strahlturbine für Flugmodelle
im Selbstbau. S. 21.
5) Vgl. Kamps, Thomas: Modellstrahltriebwerke. S. 79.
6) Vgl. Götsch, Ernst: Einführung in die Luftfahrzeugtechnik.
S. 180.
7) Vgl. Kamps, Thomas: Modellstrahltriebwerke. S. 79.
8) Vgl. Dietzel, Fritz: Gasturbinen. S. 64 f.
9) Vgl. Kamps, Thomas: Modellstrahltriebwerke. S. 127.
10) Vgl. Schreckling, Kurt: Strahlturbine für Flugmodelle
im Selbstbau. S. 36.
11) Vgl. Alheim, Karl-Heinz (Hrsg.): Die Energie. S.
77 f und Kamps, Thomas: Der Jetantrieb im Modellflugzeug heute. S. 98.
12) Vgl. Dietzel, Fritz: Gasturbinen. S. 15.
13) Kamps, Thomas: Modellstrahltriebwerke. S. 42.
14) Dietzel Fritz: Gasturbinen. S. 137.
15) Dietzel, Fritz: Gastrubinen. S. 15.
16) Kamps, Thomas: Modellstrahlturbinen. S. 42.
Fachliteratur:
Ahlheim, Karl-Heinz (Hrsg.): Die Energie. Erzeugung, Nutzung, Versorgung. Mannheim: Bibliographisches Institut; Meyers Lexikonverlag 1983.
Bölkow, Ludwig (Hrsg.): Ein Jahrhundert Flugzeuge. Geschichte und Technik des Fliegens. Düsseldorf: VDI-Verlag 1990.
Dietzel, Fritz: Gasturbinen. Industrielle Gasturbinen-Anlagen, Strahltriebwerke für den Flugbetrieb, Grundlagen, Maschinen, ausgeführte Anlagen, Berechnungsbeispiele. Würzburg: Vogel-Verlag 1974.
Götsch, Ernst: Einführung in die Luftfahrzeugtechnik. Alsbach: Leuchtturm-Verlag 1971. 3. Erweiterte Auflage 1980.
Kamps, Thomas: Modellstrahltriebwerke. Komponenten, Selbstbau, Praxis. Baden-Baden: Verlag für Technik und Handwerk 1995.
Krist, Thomas: Handbuch für Techniker und Ingenieure. Formeln, Daten, Begriffe. Darmstadt: Hoppenstedt Technik Tabellen Verlag. 10. überarbeitete und erweiterte Auflage 1988.
Schreckling, Kurt: Strahlturbine für Flugmodelle im Selbstbau. Baden-Baden: Verlag für Technik und Handwerk 1992. 2. Überarbeitete und erweiterte Auflage 1994.
Beiträge aus Fachzeitschriften:
Kamps, Thomas: Faszination Strahlantrieb Teil 1, in: Flug und Modelltechnik, Nr. 6/94.
Kamps, Thomas: Faszination Strahlantrieb Teil 2, in: Flug und Modelltechnik, Nr. 7/94.
Kamps, Thomas: Der Jetantrieb im Modellflugzeug heute, in: Flug und Modelltechnik, Nr. 2/96
Pigisch, Harald (sen.) u. Pigisch, Harald (jun.): Turborec T 240 ein Jahr im Flugeinsatz Teil 1, in: Flug und Modelltechnik, Nr. 5/93.
Pigisch, Harald (sen.) u. Pigisch, Harald (jun.): Turborec T 240 ein Jahr im Flugeinsatz Teil 2, in: Flug und Modelltechnik, Nr. 6/93.
Pigisch, Harald (sen.) u. Pigisch, Harald (jun.): Turborec T 240 ein Jahr im Flugeinsatz Teil 3, in: Flug und Modelltechnik, Nr. 7/93.
Rubin, Gerhard: Strahlturbine im Modellbau, in: Maschinen im Modellbau, Ausgabe 1993.
Durchmesser des Verdichterlaufrades: 0,066 m
Druckziffer des Verdichterlaufrades: 0,98
Ansaugtemperatur: 288 K = 15 °C
Luftdruck: 1,013 bar
Wirkungsgrad des Verdichters: 0,72 bzw. 72%
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